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“Menschen, Frauen, Kinder”

Dr. Heinz Fischer (Foto: APA)
Dr. Heinz Fischer (Foto: APA)

Von Gustav Freudmann

Ex-Präsident Dr. Heinz Fischer fühlte sich wieder einmal bemüßigt, an die Öffentlichkeit zu treten: Die österreichische Regierung müsse ihre Stimme gegen die israelische Regierung und ihren “Krieg gegen die Bevölkerung Gazas” erheben. Die APA veröffentlichte ein Videointerview, von dem Ausschnitte beispielsweise hier zu sehen sind: https://www.derstandard.at/story/3000000268678/heinz-fischer-oesterreich-soll-stellung-beziehen-gegen-israels-gaza-krieg

Dazu gibt es nun Einiges anzumerken:

Fischer im O-Ton:

“Nicht geringer ist meine Sorge und teilweise auch meine Empörung in welcher Weise ein Ministerpräsident Natanjahu (sic!) mit seinem sogenannten Kriegskabinett, wie es sich selber nennt, aus rechtsextremen, ihren Zionismus vor sich hertragenden Regierungsmitgliedern den Krieg gegen die Bevölkerung des Gazastreifen (sic!) führt. Das ist entsetzlich und es ist umso schlimmer, als wir ja ganz, ganz positiv eingestellt sind zum Kampf gegen Antisemitismus und würdigen die, die Leiden, äh, die das jüdische Volk auch im 20. Jahrhundert, äh, tragen musste, und welche Schwierigkeiten es gegeben hat, und – Holocaust,Stichwort -, aber das alles rechtfertigt nicht, dass man jetzt so mit Menschen, Frauen, Kindern umgeht, wie das dort der Fall ist.”

Fischer spricht also von einem Krieg Israels gegen die Bevölkerung Gazas – obwohl er weiß, dass dieser Krieg ein Krieg gegen die Hamas ist, die bis heute ungehindert als legitime Vertretung der Bevölkerung von Gaza agieren kann und als solche in der Region auch weitgehend anerkannt ist. Fischer verliert demgemäß kein Wort über die jahrelange Vorgeschichte dieses Krieges, nicht zuletzt kein Wort über das Massaker der Hamas gegen die israelische Bevölkerung vor eineinhalb Jahren und nicht einmal ein Wort darüber, dass sich nach wie vor eine Menge israelischer Geiseln, die anlässlich dieses Massakers gekidnappt wurden, in den Kerkern der Hamas befinden.

Statt dessen fokussiert er seine Kritik auf etwas, das gar nicht gesagt wurde, wenn er betont, die Leiden des jüdischen Volks im 20. Jahrhundert (gelitten wurde übrigens bereits vor 1900 und ferner haben wir inzwischen bereits ein Viertel des 21. Jahrhunderts absolviert) und der Holocaust wären keine Rechtfertigung für den derzeitigen Krieg.

Eine beliebte Methode, die immer auf Zustimmung hoffen darf, vor allem bei jenen die es mit dem Verstand nicht ganz so haben. Dass Fischer israelischen Politikern allen Ernstes Zionismus vorwirft, darauf sei nur am Rande hingewiesen und bedarf keines Kommentars, außer vielleicht jenem, dass es kaum Fischers Amtes sein dürfte, Israels Politikern ihre Gesinnung zu diktieren, wie er ja auch dem Papst dessen römischen Katholizismus nicht ankreiden wird.

Und Fischer weiter:

“Israel hat nicht die Grenze des Staates Israel, der anerkannt ist, nämlich von der überwältigenden Zahl von UNO-Mitgliedern, einfach, äh, beiseite (zu? ) schieben (sic!).”

Hat Herr Fischer wirklich nicht realisiert, dass es im Nahen Osten (teilweise direkt an Israels Grenzen) Staaten gibt, die nicht bloß Israels Existenz leugnen, sondern in denen bewaffnete Kräfte agieren, deren erklärtes Ziel Israels Vernichtung ist?

Und das Highlight:

“Und natürlich muss Österreich, äh, in zunehmendem Maße hier seine Stimme auch erheben, weil wir ja auch in anderen Fällen und bei anderen Grenzverletzungen und bei anderen Taten, die unter Verdacht stehen, Kriegsverbrechen zu sein, auch nicht schweigen.”

Hier wäre fast schon Heuchelei zu diagnostizieren. Hätte denn demgemäß Herr Fischer (Bundespräsident von 2004 bis 2016) je seine Stimme erhoben und nicht geschwiegen – etwa bei folgenden “Fällen” und “anderen Grenzverletzungen”?

  • bis 2009 – Zweiter Krieg Russlands gegen Tschetschenien
  • 2008 – Russischer Überfall auf Georgien (Annexion Abchasiens und Südossetiens)
  • 2014 – Russischer Überfall auf die Ukraine (Annexion der Krym, teilweise Annexion von Donezk und Luhansk)

Dergleichen ist mir nicht bekannt. Wohl bekannt, dokumentiert und – zur Schande unseres Landes – in allen einschlägigen News-Archiven wahrscheinlich bis zum letzten Tag des Internets auffindbar, sind Berichte über Treffen zwischen Fischer und Putin, die zur Zeit obiger Ereignisse auf geradezu obszöne Weise gute Stimmung und beste Freundschaft demonstrieren.

Was mir ebenfalls nicht bekannt wäre, ist dass Herr Fischer als Vizepräsident der Österreichisch-Nordkoreanischen Freundschaftsgesellschaft, über eines der ekelhaftesten Mörderregimes dieses Planeten auch nur ein einziges böses Wort verloren hätte.

Aber all das ist noch immer nicht alles.

Fischer kann oder will offenbar eines der schäbigsten und gleichzeitig billigsten Stereotype des Antisemitismus nicht auslassen:

“Und das stärkste Motiv, warum man das tun muss, neben der Wahrung der Menschenrechte ist, dass genau durch das was jetzt Netanjahu und andere machen, der Antisemitismus nicht verringert sondern vergrößert wird und gestärkt wird. Und dem muss ein Riegel vorgeschoben werden.”

Die Juden sind also wieder einmal selbst schuld am Antisemitismus. Wie gut, dass Herr Fischer dem “einen Riegel” vorschieben will und somit die Juden zukünftig davor schützen wird, sich weiterhin der Feindschaft gegen sich selbst schuldig zu machen.

Published inAntisemitismus und KulturIm DickichtZwischenwelt International
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