von Konstantin Kaiser
Die Wiener Zeitschrift „Tagebuch“ (Nr. 4 2024) veröffentlicht auf S. 6 die „Meinung“ „Palästina Paranoia“ von Benjamin Opratko. Der schreibt:
„Bemerkenswert ist aber, dass im aktuellen Konflikt gerade Unterstützer:innen Israels mit Fortdauer des Krieges auf verschwörungstheoretische Repertoires zurückgreifen.“ (Folgt eine Aufzählung von Israel-Kritikern.) „Sie alle werden zum Teil einer verborgen agierenden antisemitischen Internationale erklärt … Diese paranoide Form des Ticket_Denkens kennen wir eigentlich vor allem vom Antisemitismus selbst.“ (…) Verschwörungstheorien haben … eine strukturelle Nähe zum Antisemitismus, selbst wenn sie nicht von Juden sprechen.“
Eine „strukturelle Nähe“ zu Verschwörungstheorien hat aber Opratkos Argumentation selbst, indem sie die „Unterstützer:innen Israels“ flugs zu durchschauen vorgibt. Mit dem Durschschauen und Mißachten der Fakten fängt jede ordentliche Verschwörungstheorie an. Die antisemitische Welle, die die Bildungseinrichtungen derzeit durchzieht, ohne sich an allzu großem Widerstand zu brechen, ist kein paranoisch heraufbeschworenes Gespenst, sondern tatsächlich. Und Benjamin Opratko ist ein Teil dieser Tatsächlichkeit mit dem Spezialgebiet Täter-Opfer-Umkehr.
Ähnliche Hirwindungen waren im Gange, als man Palästinensergebiete als „strukturähnlich“ mit nationalsozialistischen Judenghettos und Konzentrationslagern verglich. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Wien beschäftigt Opratko sich vornehmlich mit Islamophobie. Hiezu versucht er den Nachweis, Islamophobie beruhe auf einem Rassismus, der ganz unabhängig vom Verhalten von Muslimen bestanden habe und besteht.
Es wundert nicht, dass auf der Umschlagseite des „Tagebuch“-Heftes für humanitäre Hilfe an ein Gebiet geworben wird, das sich vom Jordanfluss an die Küste des Mittelmeers erstreckt. In dieser Spielart von Humanität scheint Israel als Täter auf, als Territorium ist es bereits verschwunden.
Herausgeber des „Tagebuch“ sind Raphaela Edelbauer, Alfred J. Noll, Hazel Rosenstrauch, Samuel Stuhlpfarrer.