Konstantin Kaiser
In vorliegendem Fall hat er versagt oder wurde mit einem leckeren Bissen von seiner Aufgabe abgelenkt:
wieso
oase
wo wie was
omas miasma
mamas mimose
wie mies
sowieso
sei es
weise
maasei
meaoiswiamia
Wenige Leute werden die Geduld gehabt haben, das „Sprachkunstwerk“ zu studieren, mit dem als „Motto“ sich „Österreich“ (wer immer das ist) bei der Leipziger Buchmesse im März 2023 vorgestellt hat. Es klingt dialektal, vielleicht nach einem Versuch, sich über „Mir san mir“ lustig zu machen. Ich vermochte es in keine mir bekannte Sprache zu übersetzen.
Landläufigen Standards der Phrasendrescherei entspricht der Lobpreis, mit dem dieses Motto auf die Vertreterreise geschickt wurde: „Es ist in seiner Mehrfachbedeutung ein widerspenstiges Sprachkunstwerk, das für Irritation sorgen soll. Eine Sprachskulptur, die aber zugleich eine zentrale Programmatik des Gastlandauftritts vermittelt; die Vielgestaltigkeit und Vielschichtigkeit eines Landes zu zeigen, das aus seiner Geschichte folgendes gelernt hat: dass nämlich nur ein offen verstandenes „Wir“ eine friedliche Gegenwart und Zukunft hervorbringen kann.“
Ungern unterzieht man sich dieser vereinnahmend vorgetragenen Belehrung. Für mich bezeugen die misogynen Splitter, die sich ins assoziative Gefüge des „Mottos“ verirrt haben, weniger die Vielschichtigkeit als die Hinterfotzigkeit eines Landes, in dem jede Gemeinheit darauf bauen kann, unvermerkt zu bleiben. Omas Miasma ordnet üblen Geruch wenig vieldeutig einer älteren Frau zu und mamas mimose verwahrt sich gegen weibliche Überempfindlichkeit.
Das „Sprachkunstwerk“ steht in der schon etwas verblichenen Tradition konkreter Poesie und behandelt Sprache nicht als Sprache, sondern als Material.
Man sagt, dieser Ansatz sei „sprachkritisch“. Wird das „Sprachkritische“ der österreichischen Nachkriegsliteratur nicht darum so oft und gern wiederholt, weil damit die um die Sprache wie um ihren Atem ringende Exilliteratur von vornherein ausgeschlossen blieb und bleibt? Oder handelt es sich um den Sprachstolz eines an seiner Mission gescheiterten Grenzlanddeutschtums?
Der Sprachstolz der Avantgarde als Abweisung des Exils?
Österreich war übrigens schon in einem anderen März kein Staat mehr, sondern ein Land: im Gesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich vom 13. März 1938. (Art I: Österreich ist ein Land des Deutschen Reiches.)