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Iran

Aus dem Logbuch

Von Konstantin Kaiser

Der Iran ist einer der Dinosaurier der Staatenwelt, ein Hegemonialstaat in dem eine Farsi sprechende Nation die Dominanz über große anderssprachige Nationalitäten und deren ausgedehnte Territorien ausübt, als da vor allem sind: Belutschen, Araber, Aseri und Kurden, die zusammen an die 40% der Bevölkerung des Iran ausmachen. Der Iran ist ein Hegemonial- und Kolonialstaat.

Die Herrschaft des Islamischen Staates beruht wesentlich auf dem hegemonialen Status der persischen Nation im Iran und legitimiert sich gegenüber der persischen Bevölkerung durch den gegen die anderen Nationalitäten erhobenen Machtanspruch und durch die Ausnützung ethnischer Konflikte für diese Machtausübung.

Es existieren wohlorganisierte politische Oppositionskräfte, vor allem im kurdischen Siedlungsgebiet, u. a. mit der Partei für ein freies Leben in Kurdistan, die sich Abdullah Özalans Konzept der demokratischen Nation verschrieben hat,  und es existiert im ganzen Iran immer noch die Bewegung Jin, Jiyan, Azadi (Frau, Leben, Freiheit). Diese Bewegung hat ein überregionales Nicht-Einverständnis mit dem theokratischen Regime der Mullahs erzeugt, das im Kampf um Demokratie eine unschätzbare Grundlage für politische Bündnisse sein könnte.

Die Struktur des Hegemonialstaates und die über fast ein halbes Jahrhundert ausgeübte islamistische Repression (seit 1979) machen es aber unwahrscheinlich, dass es auf demokratisch gewaltlosem Wege zu einem Sturz des Mullahregimes kommt. Die Ideologie und Politik des Mullahregimes wird von der stellvertretenden Vorsitzenden der Partei Für ein freies Leben in Kurdistan in einem am 18. 6. 2025 auf ANF gesendeten Interview als Farschismus bezeichnet, eine Synthese aus persischem Nationalismus und schiitischer Theokratie, deren Widersprüchlichkeit sich durch das Atomprogramm und die Vielzahl von Hinrichtungen, aber auch durch klimatische Veränderungen zum Antagonismus steigert. In großer Sorge ist Frau Vorsitzende Peyman Viyand um die zum Tode verurteilten kurdischen Aktivistinnen Varisheh Moradi, Pakshan Azizi, Sharifeh Mohammadi. 2024 wurden im Iran 31 Frauen hingerichtet, allein im Mai 2025 fanden insgesamt schon 152 Exekutionen statt. Auch die PJAK teilt die Sorge um bürgerkriegsähnliche Zustände und ethnische Konflikte, die mit dem Sturz des Mullahregimes entstehen könnten, teilt aber offenbar nicht die heuchlerische Sorge um eine Destabilisierung des Nahen Ostens aufgrund einer militärischen Niederlage des Iran.

Die von Wladimir Putin angestrebte und mit dem Schlagwort der Multipolarität beworbene neue Heilige Allianz der Despotien scheint ihre erste große Bewährungsprobe nicht bestanden zu haben. Dem Verlust des syrischen Vasallen folgt nun eine entscheidende Schwächung des iranischen Partners. Afrikanische Potentaten in Mali und anderen Ländern werden sich ihre „Sicherheitsarchitektur“ neu überlegen müssen. Doch auf dem Schlachtfeld der Propaganda ist Russland weiterhin unübertroffen. Kein Tag wird die nächsten Wochen vergehen, an dem selbsternannte Völkerrechtsexperten nicht gegen den vökerrechtswidrigen Angriffskrieg Israels gegen den Iran, der ohnehin noch weit von der Herstellung einer Atombombe entfernt gewesen sei, und gegen die kriegsverbrecherische Kriegsführung Israels Anklage erheben.

Was die Verhältnismäßigkeit der gegen die Terrororganisation Hamas eingesetzten Mittel betrifft, muss man die Frage aufwerfen, was überhaupt eine verhältnismäßige Reaktion auf die alles menschliche Maß und Verhältnis zerstörende und missachtende Bestialität der Hamas sein kann.

Israel wird von der Islamischen Republik Iran schon seit Jahrzehnten durch von ihr geleitete, finanzierte und bewaffnete Terrormilizen mit dem erklärten Ziel, es zu vernichten, angegriffen. Es ist Israel gelungen, Hamas und Hisbollah entscheidend zu schwächen und den Angriff auf das iranische Atom- und Raketenprogramm und die für es tätigen Kommandeure und Ingenieure mit gesichertem Rückhalt eröffnen zu können.

In Wahrheit befanden sich Israel und der Iran seit Jahren in einem Kriegszustand, in dem Israel die Angriffe der iranischen Hilfstruppen um des lieben Friedens willen duldete. Jetzt hat Israel sein Selbstverteidigungsrecht wahrgenommen und zurückgeschlagen.

Jenen, die Israel nun der Völkerrechtswidrigkeit seines Handelns zeihen, geht es nicht um eine ernsthafte rechtliche Würdigung, zu der sie nicht berufen sind, sondern bloß um eine Diskreditierung Israels und seiner Existenzberechtigung. Fast glaubt man durchzuhören, Europa hätte doch ein Anrecht auf die Duldsamkeit des jüdischen Staates. Es ist derselbe Geist, der es schon 1967 nach dem Sechstagekrieg „schwer erträglich“ fand, mit Jüdinnen und Juden nicht mehr bloß als Objekten gewissensstolzer moralischer Reflexion, sondern als tätigen Subjekten zu tun zu haben.

Published inAktuellesAllgemeinZwischenwelt International
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