Anmerkungen zu Peter Roessler
Von Konstantin Kaiser
Mit Peter Roessler, seit 2021 Vorsitzender der Theodor Kramer Gesellschaft (TKG), verbindet mich eine frühere gute Zusammenarbeit seit der vom Verein zur Förderung und Erforschung der antifaschistischen Literatur 1985 organisierten Wanderausstellung Kabarett und Satire im Widerstand. Peter beschäftigte sich damals mit dem antifaschistischen Volksstück und dessen Stärken und Schwächen im Gegensatz zu dem am Institut für Theaterwissenschaften in postfaschistischer Beharrlichkeit immer noch gelehrten und geehrten germanischen Thingspiel. Ich meinerseits befasste mich mit antifaschistischen Comic Strips und Karikaturen. 1988 gaben Peter und ich unser erstes gemeinsames Buch heraus: Dramaturgie der Demokratie. Theaterkonzeptionen des österreichischen Exils. Ihm folgte 1989 eine kommentierte Sammlung von Exil-Aufsätzen des Dichters, Film- und Theaterregisseurs Berthold Viertel, an der auch Siglinde Bolbecher mitwirkte: Die Überwindung des Übermenschen. Exilschriften. Dieselben drei Herausgeber zeichneten ein paar Jahre später 1998 für den Symposiums-Band Traum von der Realität. Berthold Viertel verantwortlich, der als Jahrbuch 5 der Theodor Kramer Gesellschaft erschien.
Diese Studien zum Exiltheater, zu dem in Wien in Fachkreisen immer noch hochgeachteten Berthold Viertel, der auch für einige am Max Reinhardt Seminar Lehrende von Bedeutung war, werden Peter Roessler in seinem beruflichen Fortkommen nicht geschadet haben. Bekanntlich geht er in nächster Zeit als Ordentlicher Professor für Dramaturgie seiner Emeritierung entgegen.
Während Peter akademische Karriere machte, blieb ich als Sekretär der TKG in einem außeruniversitären Wirkungskreis befangen. Zwar initiierte ich 2000 maßgeblich die Stiftung des Theodor Kramer Preises und 2002 die Gründung der Österreichischen Gesellschaft für Exilforschung, auch in diesen Dingen immer von Peter Roessler unterstützt, man könnte fast sagen: begleitet. Doch meine Möglichkeiten, mit meinen Gedanken und Schriften über einen engen Kreis hinauszudringen, wurden im Verlauf intensiver Arbeitsjahre eher geringer. Erst zu allerletzt wurde mir bewusst, dass diese Resonnanzlosigkeit auch darauf beruhte, dass ich mich mit den falschen Leuten umgeben hatte.
Peter schrieb jedenfalls 2008 voll höchsten Lobes einleitend zu einem Sammelband meiner Schriften, und bei der letzten Ordentlichen Generalsversammlung der TKG am 17. März 2023 betonte er vollmundig meine Unentbehrlichkeit als Sekretär der Gesellschaft. Laut Protokoll dankte er Konstantin Kaiser für seine „Arbeit als Generalsekretär der TKG. Er ist Träger und Treiber der Aktivitäten der Gesellschaft und sorgt für den Zusammenhalt des Teams.“
De facto war ich ja Geschäftsführer, erstellte die Jahreskalkulationen und die Jahresabschlüsse, verhandelte mit den BuchautorInnen des Verlages die Verträge und unterschrieb sie auch, stellte MitarbeiterInnen ein und vereinbarte mit ihnen Umfang und Entgelt ihrer Tätigkeit. Ich fühlte mich dementsprechend auch verantwortlich für Alles. Ich danke Peter Roessler, dass er mich als langjähriges Mitglied des Vorstandes der TKG, als Herausgeber von Jahrbüchern der TKG und als Teilnehmer von Arbeitsgruppen zur Vorbereitung wissenschaftlicher Symposien in meiner Tätigkeit unterstützt hat.
Ich führe diese Dinge, die nun in ferner Vergangenheit zu liegen scheinen, an, weil Peter Roessler die Infamie begangen hat, mit dieser alten Freundschaft die Dringlichkeit meines Hinauswurfs aus der TKG zu rechtfertigen, indem er insinuiert, dass ihm trotz alter Freundschaft und Wertschätzung nichts anderes übrig geblieben sei, als Maßnahmen gegen mich zu ergreifen, dass Peter also den Verrat durch den Verrat rechtfertigt.
Ich meine damit nicht, dass Peter mir zur Treue verpflichtet gewesen wäre. Sein Verrat bestand darin, dass er hinter meinem Rücken gegen mich arbeitete und nicht mit mir darüber redete und sein Tun durch Schweigen verleugnete, auch noch in der letzten normalen Vorstandssitzung am 15. Dezember 2023. Während er mich la Garanten für den „Zusammenhalt des Teams“ lobte betrieb er zugleich ein doppeltes Spiel, das jeglichen Zusammenhalt zerstörte.
Ein zentraler Punkt dabei ist die von Peter Roessler gegenüber MitarbeiterInnen der TKG vertretene Auffassung, dass ich als Sekretär der TKG nicht deren dienstlicher Vorgesetzter sei. Dies ist durch Aussagen von Alexander Emanuely am 3. Oktober 2024 und von Peter Roessler am 5. Dezember 2024 vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien hervorgekommen und protokollarisch belegt. Ich hätte mir sozusagen bloß eingebildet, der Chef zu sein. Diese Weisheit machte spätestens seit 2022 die Runde. Der einzige, der nicht davon informiert wurde, gar nicht der Chef zu sein, war dieser Chef selbst und jene Mitarbeiterin, die seine Frau ist. Ich hätte es vielleicht daran merken sollen, dass von mir erteilte Weisungen nicht oder nur mehr schleppend befolgt wurden. Was ein solches Doppelspiel betrieblich bewirkt, kann sich jeder Mensch mit Berufserfahrung vorstellen.
Es ist bekannt, dass Alexander Emanuely meine Nachfolge als Geschäftsführer antreten wollte, bezeichnete er sich doch schon Jahre zuvor Dritten gegenüber als Geschäftsführer der TKG. Nicht bekannt war mir, dass Peter Roessler und Alexander Emanuely hinter meinem Rücken Beschwerden gegen mich sammelten, so z.B. solcher Art, dass ich anno domini 2020 einmal einen Mitarbeiter angeschrien hätte. (Ich weiß genau warum, und er weiß es auch). Viel kam dabei nicht heraus. Die Fantasie musste ihnen beispringen.
Dieses doppelte Spiel war bereits 2022 so weit gediehen, dass Peter Roessler sich ohne mein Wissen zusammen mit Emanuely auf die Suche nach einem neuen Vereinslokal machte und zu diesem Behufe um der Diskretion willen als Email-Adresse nicht die Theodor Kramer Gesellschaft angab, sondern einen unbekannten privaten Account. Alles kein Verbrechen, nur ein Indiz dafür, dass Roessler die Fragwürdigkeit seines Agierens bewusst war.
Vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien erzählte Roessler von der Beschwerde einer Mitarbeiterin über mich und meine Frau, die er entgegengenommen hätte, doch auf Wunsch dieser Mitarbeiterin, die sich vor mir zu fürchten behauptete, für sich behalten habe. Also: Eine Mitarbeiterin beschwert sich, sie fürchte sich vor mir. Da sie sich fürchtet, wird die Beschwerde nicht weitergeleitet, womit dann erwiesen sein soll, dass sie berechtigt gewesen sei. So lässt sich jede beliebige böse Intrige durch sich selbst rechtfertigen.
Roessler, der sich ja, wie seine Aussage beim Sozialgericht belegt, als mein wirklicher Vorgesetzter ansah (wovon ich nicht wusste), wäre als Vorgesetzter, als „Dienstherr“, in dem Fall verpflichtet gewesen, mich entweder zur Rede zu stellen oder die betreffende Mitarbeiterin aufzufordern, mich nicht weiter zu verleumden.
Ein solches unsauberes Hineinintrigieren in meine Tätigkeit konnte für Arbeitsklima und „Zusammenhalt des Teams“ der TKG nur verderblich sein.
In diesen Jahren seit 2021 hätte Peter Roessler jederzeit das Gespräch mit mir suchen können. Er hat es nicht getan. Er kann zur Erklärung seines Verhaltens die Behauptung bemühen, auch er habe Angst vor meiner vermutlich heftigen Reaktion gehabt. Doch es ist und war keine physische Angst, die Peter Roessler lähmte, sondern eine moralische Angst, die Angst vor dem Verlust an Reputation durch Eingeständnis seiner Unehrlichkeit.
Ich glaube nicht, dass Roessler irgendwann bewusst und überlegt die Wende gegen mich vollzogen hat; vielleicht spielte eine Rolle, dass ich 2020 einen Schlaganfall erlitten hatte und vermindert leistungsfähig war, vielleicht auch der Umstand, dass ich 2023 an Parkinson erkrankt war und es somit angezeigt schien, die Geschäftsführung neu zu regeln. Als ich dem Vorstand der TKG Mitteilung von meiner Krankheit machte, dauerte es keine drei Monate mehr, dass ich mich entlassen fand.
Peter überließ sich, statt reinen Tisch zu machen, dem Lauf der Dinge. Die Art und Weise, in der Peter und Dr. Emanuely sich der Geschäftsführung bemächtigten und mich und meine Frau aufs Übelste diffamierten, als ich mich vermaß, Einspruch zu erheben, bestärkt mich in meiner Überzeugung, dass ein Dr. Emanuely schon aus charakterlichen Gründen nicht für die Geschäftsführung geeignet war und ist. Auch Roessler hat sich in meinen Augen disqualifiziert.
Mit der durch eine Klagsdrohung des Aktionsradius Wien, dessen Verbindungen zu professionellen Propagandisten der russischen Aggressionspolitik bekannt waren, unter den Mitgliedern des Vorstandes der TKG entstandenen Verwirrung und Panik bot sich im März 2024 für Professor Roessler die Gelegenheit, das ihn belastende uneingestandene Doppelspiel zu beenden, den Vorstand in geschickter Dramaturgie hinter sich zu einen und sich der moralischen Instanz, zu der ich für ihn durch sein schuldhaftes Schweigen geworden war, samt meiner nicht minder lästigen, publizistisch gefährlich immer aktiver werdenden Frau zu entledigen.
Das ist der Mechanismus.
Hier schließt vorläufig das Kapitel Ein Freund der keiner war der Novelle Die Symphonie der Hasenfüße von Konstantin Kaiser. Ein nächstes Kapitel Hitler-Stalin-Pakt am Donaukanal, ist in Vorbereitung.
Rest, jetzt nicht eingebaut.
Inzwischen hatte der von Russland entfesselte Vernichtungskrieg gegen die ukrainische Nation die gesamte politische Landschaft verändert und der Einmütigkeit der Mitglieder des Vorstands zugesetzt. Die Ukraine sei „in Teilen faschistisch“ wurde da behauptet, und der Krieg selbst sei ein „Stellvertreterkrieg“, der schon im März 2022 beendet gewesen wäre, wenn die USA und die NATO ein Abkommen nicht verhindert hätten. Vor allem aber war die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine Friedensfreunden ein Dorn im Auge. All das zeigte sich in den Reaktionen auf den Appell Martin Pollacks, sich zur unbedingten Solidarität mit der Ukraine zu bekennen; Richard Schuberth fasste diese Bedenklichkeiten in einem langen Epistel zusammen, das den Einfluss russischer Propagandanarrative sozusagen am eigenen Leib demonstrierte.